Die Schauplätze

"Aus dem Trubel der Rue du Louvre bog er in die ruhige Seitengasse, die die Galerie Vero-Dodat verbarg; in dieser uralten Ladenpassage residierte ein von Zeit zu Zeit besuchter Freund. Der Prädigi-Händler war zum Vertrauten geworden bei der Suche nach altertümlichen Kuriositäten; nun wollte der Antiquar ein mehr als hundert Jahre altes Prachtwerk gefunden haben, ein seltsam-mystisches Bilderbuch aus Italien, eine fantastische Enzyklopädie. Langsam ging Mohammed durch die uralte Passage, die sich über die Jahrhunderte erhalten hatte; der Wechsel vom Pariser Getümmel in die menschenleere Galerie war jedes Mal abrupt."

Die Galerie Vero-Dodat existiert wie die meisten Schauplätze des Buches wirklich; es ist eine der alten Passagen in Paris, zwischen der rue Jean-Jacques Rousseau und der rue Bouloi im 1. Arrondissement.

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"Das Antiquariat schien einerseits nach hinten im Gebäude zu versickern, andererseits wie ein Trichter Eigentümliches aus aller Welt und aller Zeit einzusaugen, um es auf dem ständig überquellenden Pult auszuspucken. Dazu kam Madrars Talent, kleine Kuriositäten so im Raum zu platzieren, dass er noch mystischer wirkte: Vor den Bücherregalen hingen Bilder, historische wissenschaftliche Gegenstände, ein Vogelgerippe unter einem Glassturz oder riesige tropische Falter, wie bunte Blumen in einem Rahmen arrangiert. Der Eigentümer machte durchaus ein Geheimnis daraus, was in seinen Lagern tief im Inneren des Komplexes noch verborgen war, und brachte immer wieder atemberaubende Überraschungen zu Tage, die bei Sammlern wie Mohammed latente Gier auslösten."

Das Vorbild für Madrars Antiquariat ist das Antiquariat zum Stein der Weisen in Wien, Gumpendorferstraße 33

"Diese Olympiade der Weltkunst... Sie waren damals im Marokkanischen Pavillon im Arsenale gewesen, und die duftenden Gewürzschalen hatten sich eingeprägt. Es war eine sinnliche Explosion, ein Turm von Düften, den man dort aufgebaut hatte, satt die Farben der Pulver, tief und schwer die Gerüche, die im Raum hingen. Sein Vater hatte ihm damals von den Souks in Marrakesch erzählt, von den Wurzeln der Familie in der Medina, vom Leben nach jahrhundertealter Tradition. Zum ersten Mal erfasste Mohammed dort die Lust an Kontrasten, an Konfrontation, das Eintauchen in die Vielfalt, und zwischen maghrebinischen Gebräuchen und gesellschaftlichen Utopien blühte sein junges Herz inspiriert auf..."

Mohammed erinnert sich an seinen Besuch auf der Biennale von Venedig im Jahr 2013, als er ein Kind war.

„Sie werden sich wundern, wie einfach alles gestaltet und wie wenig Platz hier ist. Aber die Luftschiffe benötigen im Verhältnis zur Nutzlast viel Auftriebsvolumen, der Heliumschaum trägt pro Kubikmeter nur etwa ein Kilogramm! Eine Party mit 20 Gästen kann ich hier also nicht feiern …“ Mohammed hörte die technischen Daten wie durch Watte, so laut pulsierte der Herzschlag in seinen Ohren. „… Aber drei bis vier Personen sind hier durchaus angenehm unterwegs. Es gibt übrigens noch eine Sonnenterrasse an der Oberseite, durch eine schmale Treppe erreichbar, allerdings sieht man von da oben wenig von der Stadt. Nehmen Sie doch Platz – wenn Sie schon mal auf einer Yacht sind, sollten Sie sie auch genießen! Einen Drink?“

1989, bei den Feiern zu "200 Jahre Revolution" kreiste ein Überwachungsluftschiff über Paris. Seit ich das Studentenprojekt von bkm, Wassner, Moritsch kenne, wollte ich die Idee der "Himmlischen Luxusyachten" in einer Story verarbeiten.

„Durch den Parc Montsouris erreichte Mohammed den Ceinture-Gartenweg. Dieser grüne Pfad, angelegt auf einer ehemaligen Bahntrasse, führte durch die Hinterhöfe der Stadt; immer wieder lagen uralte Relikte – Brücken, Bahnhöfe – an seinem Weg. Es war ein stiller Weg hinter den prachtvollen Kulissen der Hauptstadt, ein durch die Jahrzehnte immer wieder vergessener und neu entdeckter Geheimtipp für Liebhaber des vermeintlich echten Paris. “

Die "Petite Ceinture" ist eine aufgelassene Bahnstrecke, die ringförmig um Paris führt; in den nächsten Jahren soll dort ein Park entstehen. Die ersten Abschnitte im Süden der Stadt wurden bereits fertiggestellt.

„Fast rechtzeitig trat Mohammed durch ein pagodenförmiges Tor in den wild verwachsenen früheren Park. Entlang der ehemaligen Wege hatten sich schmale Trampelpfade gebildet, und er wunderte sich, dass so eine Wildnis unmittelbar neben den noblen Villen von Nogent wuchern durfte. Der japanische Pavillon lag am Ufer eines kleinen Weihers und war zu Mohammeds Überraschung nicht verfallen; strahlend rot leuchtete er aus dem Dickicht des außer Kontrolle geratenen Bambuswaldes.“

Der Jardin d'agronomie tropicale im Bois de Vincennes hat eine bizarre Vergangenheit: gegründet 1899 als Versuchsgarten fand dort 1907 eine Ausstellung statt, die verschiedene Völker der Französischen Kolonien "in ihrer natürlichen Umgebung" präsentierte - ein Menschenzoo. Heute sind die Gebäude weitgehend verfallen, nur wenige wurden saniert.

„Eine von Sommerflieder bewachsene Pergola überspannte den Steinbrunnen im Zentrum des Gevierts; dieses unendlich friedliche Bild passte so gar nicht zu der blutigen Geschichte, die Antréas gerade über die Pogrome an den Armeniern erzählte... Die Gruppe zog weiter in die Kirche; Optisch war der Innenraum durchaus attraktiv, das orientalische Dekor war ungewöhnlich für eine christliche Kirche; die gotischen Spitzbögen waren mit feinen Glasfliesen in blau und gold dekoriert, über allem spannte sich ein türkisgrüner Sternenhimmel. Im Kreuzgang waren die wenigen Artefakte des Vorgängerbaus ausgestellt... ein Originalelement aus gotischer Zeit war ein Architrav mit dem Bild des damaligen Papstes, der früher das Portal überspannt hatte."

Das Kloster von San Lazzaro in der Lagune von Venedig entstand auf einer kleinen Insel, die vor Jahrhunderten eine Pestkolonie beherbergt hatte. Nur wenige Spuren blieben aus dieser Zeit.

„Als Antréas ihm nach dem Gespräch die schwere Glastüre zum Manuskriptturm öffnete, klopfte Mohammeds Herz so stark, dass ihm fast schwindlig wurde. Nie zuvor hatte er die Schauer der Spannung, der Erwartung so intensiv gespürt wie in dem Moment, als er zum ersten Mal im Zentrum des kleinen Raums mit seinen kreisförmigen Regalen stand – geradezu ein Wissensreaktor. Zitternd strich er mit den Fingern über die Buchrücken der Folianten; in den Vitrinen lagen Prachtbände aus dem Mittelalter vor ihm aufgeschlagen."

Das Kloster von San Lazzaro beherbergt eine riesige Sammlung historischer Manuskripte. Zentrum der Bibliothe ist ein runder Anbau, in dem die wertvollsten Schriften gelagert werden.

"Eigentlich war diese Bezeichnung für das Foyer übertrieben, ein schmaler Raum mit zwei Ledersesseln und der Rezeption, obendrein nahm ein Piano einiges an Platz ein. So eng es war, das Bild war so dicht, dass es aus einem alten französischen Film hätte stammen können. Die Tür mit der Glocke, die bei jedem Gast anschlug; die geschliffenen Scheiben; die auf die Fenster gemalte Schrift, die in großen Lettern »Hôtel« verkündete; die Büste Chopins auf dem Klavier und schlussendlich die fette graue Katze, die träge den Betrieb beobachtete. Das Beste aber war der Blick in die Passage mit ihren golden leuchtenden, Gaslaternen nachempfundenen Kandelabern und den weinroten Schildern, die auf die »Galerie des Livres« hinwiesen, einige Stufen tiefer, im hinteren Teil der Passage."

Das Hotel Chopin in der Passage Jouffroy ist ein Konzentrat des alten Paris und eine absolute Empfehlung!

„Übergangslos glühte ein Ring von Diamanten im nachtblauen Samt des verdunkelten Himmels auf, eingebettet in ein Meer von Sternen. Über dem Horizont stand ein glitzernder Edelstein: Der Mond war ein Opal geworden, gefasst von einem Kranz aus Diamanten. Das Kleinod umspielten die bunten Fäden der ins Schwarz hinausfasernden Sonneneruptionen..."



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